Rundum eine tolle Erfahrung!

Gleich mal vorab, für reisende Bürotäter hinterlassen 8 Stunden körperliche Arbeit Ihre Spuren.

 

Aber dazu später mehr.

 

Am Anfang mussten wir folgendes Lernen: In British Columbia gibt es für jeden Beruf einen Mindestlohn (mehr wird in der Regel auch nicht bezahlt). Für Bedienungen und Barkeeper liegt er bei 9 CAN-Dollar (ca. 6 Euro). Somit ist man hier ganz besonders auf das Trinkgeld der Gäste angewiesen.

Da jede Nation Ihre eigenen "Tipp-Regeln" hat kann man schon an der Kundenstruktur erkennen, was einem bei der Rechnungsstellung "blüht". In Asien gibt man eher kein Trinkgeld. Wenn es sich um Reisende handelt, die öfters in der Welt unterwegs sind geben sie auch schon mal 10%. Die Europäer sind mit 10 - 15 % im Mittelfeld, wohingegen die Kanadier und vor allem die Amerikaner mit 20 - 25 % zu den vom Personal gerne gesehenen Gästen gehört.

 

Bevor man allerdings den ersten Gast in einer Alkohol ausschenkenden Bar begrüßen darf, muss man einen Lehrgang mit anschließender Abschlussprüfung (serve it right) absolvieren. Im Anschluss erhält man ein entsprechendes Zertifikat.

Aber was ist daran besonderes?

Nach dem kanadischen Gesetzt, ist der Manager, die Bedienung und der Barkeeper persönlich dafür verantwortlich und auch haftbar, dass die Gäste nicht zu viel Alkohol konsumieren und sicher nach Hause kommen.

Es gab schon viele Gerichtsurteile, in denen die Restaurantangestellten zur Verantwortung gezogen wurden. Das geht so weit, dass die Verantwortung erst endet, wenn der Gast sicher zu Hause angekommen ist. Somit dürfen Betrunkene nicht mehr bedient bzw., es darf niemandem bis zum Verlust der Zurechnungsfähigkeit Alkohol ausgeschenkt werden.

Das führt immer mal wieder zu Situationen, die ein besonderes Fingerspitzengefühl erfordern.

 

Ach ja, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit und unter 19 ist strikt verboten. Selbst wenn die Eltern dabei sind, darf kein Alkohol ausgeschenkt werden. Hier gibt es teils drakonische Strafen. Man muss sich von allen jungen Menschen 2 Ausweise zeigen lassen (einer mit Bild und meistens die Kreditkarte/Bankkarte).

 

Arbeitspausen sind zwar gesetzlich vorgeschrieben, finden aber in der Gastronomie selten Anwendung.

 

Interessant ist auch die internationale Zusammensetzung der Angestellten. Die Asiaten arbeiten meist im Hintergrund (Küche, Geschirrspüler, Abräumer), die Kanadier und Australier eher an der Front. Hierfür sind sicherlich einerseits die Sprachkenntnisse verantwortlich, andererseits aber auch einfach die Lockerheit auf andere Menschen zuzugehen, was diesen eher leichter fällt.

 

Die Deutschen haben in Kanada eine guten Ruf als Angestellte. Fleiß, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit werden von den Managern sehr geschätzt. Dies kann aber durchaus zum Verdruss der Kollegen führen. Denn bevor wir rumstehen und quatschen putzen wir in ruhigen Momenten Tische, die Bar, Schränke oder andere Bereiche, die es gerade nötig haben.

Das wirft ein schlechtes Licht auf die Kollegen, was diese uns immer mal wieder dankend aufs Brot geschmiert haben.

 

Darüber hinaus haben wir eine Besonderheit, die bei einigen Neid hervorrief. Wir hatten genau einen Job!

Dies ist für Kanada und speziell für Whistler sehr ungewöhnlich. Viele junge Menschen erreichen Whistler mit folgender "Seifenblase":

Wir arbeiten ein bisschen, fahren jeden Tag Snowboard und feiern, bis die Sonne aufgeht. Falsch, diese Blase zerplatzt spätestens bei der Suche nach einer Unterkunft.

Die Realität ist folgende: Viele Menschen haben 3 bis 4 verschiedene Jobs, arbeiten tagelang Doppelschichten bis in die Nacht und kommen nur stundenweise auf den Berg. Partytime ist rar und teuer.

Auch wir haben über Weihnachten 15 Tage durchgearbeitet. Das machen aber andere über Monate. Wir hatten zwei Kolleginnen die zusammengebrochen sind und nicht mehr weiterarbeiten konnten. Sie sind beide noch in ärztlicher Behandlung. Burnout mit Anfang 20.

Auch das muss hier mal erwähnt werden.

 

Sehr Interessant war die internationale Gästestruktur, die diverse Dialekte an die Tische und die Bar brachte. Wir haben sehr viele spannende und abwechslungsreiche Historien von Reisenden an der Theke erzählt bekommen. Vom 75 jährigen Ex-Profi Pokerspieler aus den Niederlanden, der in Kalifornien lebt; ein Tisch mit sorgenvollen jungen Leuten, da ein Gruppenmitglied (ohne Glied) die Nacht verschwunden ist und sie nicht wissen ob sie nur Spaß hat oder ob etwas passiert ist -Matthias hat erst mal den Weg zum Krankenhaus und zur Polizei erklärt; bis hin zu einem Deutschen, der im Vorstand eines Chemiegiganten arbeitet und in einem alten Schloss bei Köln lebt..... also da war wirklich alles dabei! :o)


Was noch?


Beim Bedienen waren die besten dankbarsten Gäste die Kinder, vor allem beim reichen des Nachtischs, auch wenn sie nach dem Verlassen des Restaurants in einem unglaublichen Aktionsradius noch lange auf Ihren Aufenthalt aufmerksam machten. Da war die Eiscreme im/auf/unter/zwischen dem Kindersitz noch die harmloseste Hinterlassenschaft.


Wir können keinen schwarze Arbeitskleidung mehr sehen und jeder hat ein paar neue Schuhe durchgelaufen.


Ergebnis nach 4 Monaten: Arme wie Kuh, Kreuz wie Ochs und Waden wie Elefant. ;o)


Matthias freut sich wieder auf die Zeit vor der Theke! (im "trockenen" Zustand ständig Anderen beim saufen zuzusehen macht unglücklich!)


Elena hat für sich entschieden, dass Ihre Qualitäten in anderen Bereichen liegen, als im Bedienen. Endlich ist es raus! Elena ist eine miserable Bedienung (findet Matthias übrigens nicht, wenn Sie zu Hause kocht und Ihm die Teller an den Tisch bringt) :o)


Unser Verständnis für Serviceberufe ist nachhaltig gewachsen.


Jede unserer Anschaffungen wurden in Arbeitsstunden umgerechnet (1 mal gut Essen gehen bedeutet jeder 3 Stunden arbeiten; Wocheneinkauf: jeder 5 Stunden; Friseur: einer 8 Stunden arbeiten).


Lehren aus dem Restaurantmanagement: Zu viele Manager (Köche), die an dem gleichen Seil zu gleicher Zeit in unterschiedliche Richtungen ziehen, verderben den Brei.

Ohne Management bricht Chaos aus (ist die Katze aus dem Haus tanzen die Mäuse auf dem Tisch).

Die Einarbeitung der neuen Kollegen und vor allem die richtige Personalführung ist grundlegend für den Erfolg eines Unternehmens verantwortlich. Wir durften sowohl äußerst zweifelhafte, wie auch sehr zielführende Personalführung erleben. Gerade in einem kleinen Betrieb sieht man sofort die Auswirkungen von Entscheidungen, die in großen Unternehmen oft im Verborgenem verbleiben.


Alles in allem ein reichlich gefülltes Paket an Erfahrung, das uns in Zukunft bereichern wird!!!


Unser Leben in Whistler bestand zum Glück nicht nur aus Arbeit, aber dazu mehr beim nächsten Mal.

 

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