Stunden und Nächte vergehen. Wir lasen das Internet zu Ende, nach der Suche nach allem rund um das geeignete neue Zuhause.
Sie: nicht zu groß, wir müssen damit überall durch kommen.
Er: Kein Thema, die Straßen, Brücken und Parkplätze sind dafür ausgelegt.
Sie: Nicht zu teuer, wir benötigen das Geld noch an anderer Stelle (sprach die Finanzministerin).
Er: Was man beim Kauf spart, legt man bei den Reparaturen drauf und außerdem kosten die Großen nicht viel mehr als die Kleinen.
Lerne: Größe ist immer relativ, in Kanada ist ein großes Wohnmobil ein umgebauter Bus. Ein "kleines" Model nimmt immer noch zwei deutsche Parkplätze ein.
Sie: Dürfen wir das überhaupt mit unserem Führerschein fahren?
Er: Keine Ahnung, darum kümmern wir uns später.
Gefühlte tausenddreihundertfünfundneuzigkommadrei Diskussionen später stand eine Auswahl von 4 möglichen Kandidaten fest und der Mietwagen konnte gebucht werden.
Unsere erste Autofahrt führte uns zu einem Händler, bei dem gleich zwei Wohnmobil aus der engeren Auswahl auf uns warteten. Die A Klasse, ein Haus auf Rädern im Gewand eines Busses war uns dann doch mit 11 Tonnen zu schwer und auch ein bisschen zu groß. Die C Klasse war toll und hat uns sehr gefallen.
Der Service des größten Wohnmobilhändlers in Ontario lies jedoch leider zu wünschen übrig.
Der zweite Händler stellte uns eine C Klasse vor, die mehr Kilometer auf dem Tacho hatte, etwas neuer aber auch abgenutzter und teurer war. Nachdem er uns gerade mal 1000 $ Nachlass gewähren wollte, zogen wir von dannen um das letzte Model zu begutachten.
Die Rückfahrt der ersten Tour wurde uns durch einen hilfsbereiten Polizeibeamten versüßt:
Sie: Oh mein Gott, hinter uns ist ein Polizeiwagen und der will, dass wir anhalten... was soll ich machen? Ich bin noch nie von der Polizei angehalten worden.
Er: Er wird uns erschießen.... grins...nee, bleib ruhig, fahr rechts ran, bleib stehen. Hände aufs Lenkrad und Scheibe runter lassen.
Der Polizeiwaren fuhr dann rechts neben uns und "empfahl" uns vom Tageslichtmodus bei Dunkelheit in den Nachtfahrmodus zu schalten.
Gesagt getan. Nun ging uns auch das Licht auf, warum die Armaturbeleuchtung aus war. ;o)
Das letzte Wohnmobil auf unsere Liste wurde von einem sehr netten Ehepaar, in der Nähe der Niagara Wasserfälle, privat verkauft. Als wir auf den Hof fuhren, lugte ein weißes, frisch gewaschenes, 6 rädriges Wohnmobil um die Ecke.
Er: Schau mal, die Felgen sind in Lederhüllen eingepackt. Was muss das für ein Liebhaber sein.
Sie: Oh ja, das sehe ich schon an dem frisch rasierten Rasen, auf dem man seine Golfausrüstung nutzen könnte.
Und schon begrüßte uns Steve freundlich und zeigte uns seinen Hobby-Weggefährten.
Sie: Respekt, Steven zieht sogar die Schuhe aus, bevor er das Wohnmobil betritt. Das gefällt mir. ;0)
Er: Wow, ein 5,7 Liter Antriebsaggregat. Damit erklimmen wir jeden Berg.
Sie: Halleluja, es ist eine zum Bett wandelbare Dreisitzer-Couch mit einem tollen hellgrau dunkelblauem Stoffdekor.
Er: Super, das Klo ist separat, da kann ich in aller Ruhe meine Sitzung halten ohne dass es jemanden stört.
Sie: Das helle Buchenholzdekor entspricht genau unserer Vorstellung. Er: Das Bett ist der Hammer, groß, mit zwei Matratzen übereinander und fast unbenutzt.
Sie: Apropos unbenutzt; das gilt auch für die Küche. Der Backofen, der Herd, die Mikrowelle und sogar die Dusche sind noch nicht einmal in Anspruch genommen worden. Ich freue mich schon endlich wieder selbst kochen zu können.
Er: Der Barbecue Grill ist genial. Den kann man außen sogar an die Propangasversorgung des Wohnmobils anschließen. Sowas brauche ich unbedingt.
Sie: Die Anzahl der Schränke ist überwältigend, endlich können wir unser Gepäck auspacken und alles erhält seinen Platz.
Steve hat uns bei der Präsentation erläutert, dass wir mit dem eingebauten Generator unseren eigenen Strom erzeugen können, der Kühlschrank mit Propangas oder Strom betrieben werden kann und wie wir an einem zentralem Lesegerät den Füllstand unserer zahlreichen Tanks prüfen können. Wow wir sind dann wohl völlig autark.
Was Matthias allerdings die Tränen in die Augen trieb, war der freundliche Ratschlag, dass es an uns liegt, ob wir 100 KMH fahren oder mit 125 KMH über die Autobahn RASEN! Dass das ein guter Ratschlag war, merkten wir, als wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 130 KMH über 35 Liter je 100 KM verbraucht haben. Autsch...!!! 100 KMH sind Klasse! ;o)
Wir waren fassungslos von unserem Gesamteindruck der Wohnung auf 6 Rädern. Ein 6 jähriges Fahrzeug mit 16.400 Kilometern, das wie aus einer Neuausstellungshalle funkelte hatten wir in unseren kühnsten Träumen nicht erwartet. Für uns stand sofort fest, dass wir in nichts anderem unsere Abendteuer erleben wollten!
Somit nahm das Schicksal seinen Lauf. Die Schecks wechselten den Besitzer und das Wohnmobil bekam seine neuen Nummernschilder. Mit dem Anschrauben dieser Metallplatten (BVLE 010) fand gleichzeitig die Taufe auf den Namen "Beverly" statt. Der Name gilt seitdem als Eselsbrücke wenn mal wieder jemand nach unserem Kennzeichen fragt. :o)
Die erste Fahrt führte uns auf den nahegelegenen IKEA-Parkplatz. Motor ausstellen. Schlüssel abziehen... Moment mal, warum kommt der Schlüssel nicht aus dem Zündschloss? Hmmm, Automatik steht auf P, muss ich die Bremse treten? Nein. Geht immer noch nicht. Licht und Radio ist aus. Ich starte einfach noch mal den Motor und probiere es abermals. Motor aus, Schlüssel ganz nach links drehen, ziehen... geht nicht. KRUZIFIXNOCHMAL (zensiert)... es ging nicht.
Sie: Der IKEA schließt in 30 Minuten und wir haben weder Bettzeug, noch Decken und Kissen!
Er: Schlüssel bleibt stecken, wir schließen die Außentüren mit dem Ersatzschlüssel ab und nehmen den Telefonjoker (Steven, der ehemalige Besitzer).
Nach einem 30 minütigen Shoppingmarathon (wer Matthias kennt weiß, dass das seine persönliche Bestmarke war, da er sonst Stunden im IKEA verbringt) erfolgte der rettende Rückruf von Steve
Der Schlüssel ist nur auf der vorletzten Position aus dem Zündschloss zu entfernen..... (Matthias hat heute noch Mordgedanken gegenüber dem Entwickler des Zündschlosses. Zitat: "Diese verf.... letzte Zündschlossstufe hat nicht die geringste Funktion. Was um Himmels Willen hat der Typ geraucht...)
Somit überstanden wir die erste Beverly-Lektion. Weitere sollten leider folgen...
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Anna (Donnerstag, 13 November 2014 12:51)
Klasse Text! Super Bilder! Macht weiter so!
elena-und-matthias-auf-reisen (Freitag, 14 November 2014 01:07)
Danke schön Anna, wir werden Euch weiterhin mit Erfahrungsberichten, Bildern und Videos auf dem Laufenden halten. :-)